Laura Krüger: Du hast mir erzählt, dass Du bereits seit 2 ½ Jahren hier im Atelierhaus des Bonner Kunstvereins arbeitest und nun bereits zum dritten Mal Besucher in dein Atelier im Rahmen der Offenen Ateliers einlädst. Woran arbeitest du momentan? Kannst Du uns einen kleinen Einblick in Deine aktuelle Arbeit gewähren?
Tina van der Weyer: Gerade arbeite ich noch an der Fertigstellung einer Fotoserie, welche den Titel
Cuts trägt. Die Serie zeigt Motive und Aufnahmen, die im Prozess entstanden sind und zwar zu Beginn des Jahres in Ägypten.
L.K.: Ägypten? Das klingt spannend. Was hat dich dort hingezogen?
T.vdW.: Das war tatsächlich das erste Mal, dass ich ohne konkreten Projektplan eine Reise angetreten habe. Ich wusste nicht genau, was mich erwartet oder wie ich dort meine Arbeit beginnen würde. Meine Reise war Teil eines Workshops, der unter der Leitung der Künstlerin Liz Doles im Fayoum Art Center stattfand. Unter dem Thema „Ursprung der Fotografie“ haben wir uns intensiv mit der
Pinhole Camera (Lochbildkamera) beschäftigt und uns mit technischen Aspekten wie Belichtung oder Fotoentwicklung auseinandergesetzt.
Es hat großen Spaß gemacht, wieder zur fotografischen Basis zurück zu kehren, auf welcher wir unsere eigenen Projekte aufbauen konnten. So habe ich neben der vorhin angesprochenen Fotoserie auch eigene Fotogramme erzeugt.
L.K.: Auf Deinen Fotografien erkenne ich, dass Du Dich einerseits mit der Landschaft bzw. Umwelt des Landes, den Menschen und dem alltäglichen Leben vor Ort auseinandergesetzt hast, aber andererseits liegt auch ein großer Fokus auf dem Thema Tier, welches sich in jedem Deiner Fotos wiederfinden lässt.
T.vdW.: Ägypten ist sehr stark geprägt von den extremen Naturverhältnissen. Fast 90 % der Menschen und Tiere leben in der Nähe des Nils oder an der Küste, in einem Land, dessen größte Fläche aus der kargen Wüste besteht.
In der Tat spielen Tiere für mich bei diesem Projekt eine wichtige Rolle und ich übe Kritik an den menschlichen Eingriffen in die ihn umgebende Natur. Ich reflektiere nicht nur Prozesse zwischen Mensch und Umwelt, sondern auch die Inszenierung der Umwelt selbst. Mit dieser Thematik beschäftige ich mich bereits längere Zeit.
Auf der Reise beobachtete ich die Wechselwirkung zwischen Mensch und Tier. Durch die Nähe zum Menschen sichern sich die Tiere ihre Existenz. Ich habe viele verwilderte Haustiere gesehen, die in den riesigen Massen von Müll nach Essbarem gesucht haben. Als wir final im Workshop unsere Arbeiten diskutiert haben, fiel mir auf, dass ich selten den zivilisierten Abfall fotografiert hatte, obwohl er allgegenwärtig war. Es dominierte der Blick oder die Suche nach dem Ästhetisch-Schönen.
L.K.: In deine Fotografien hast du nachträglich
Cutouts eingefügt…
T.vdW.: Tatsächlich habe ich jetzt gerade noch diese Fotografie mit dem Fohlen mit einem Skalpell bearbeitet (
Cuts, 2019). Diese Arbeit – ähnlich dem Chirurg, der den ersten Schnitt durch die Haut setzt – hat mich fasziniert und gefordert.