Bei einer Bewerbung um diesen Titel geht es in erster Linie darum, das Alleinstellungsmerkmal und den weltweit bedeutsamen Rang des Kulturdenkmals oder der Kulturlandschaft herauszustellen. Doch genau daran scheiterte bereits die erste Bewerbung im Jahr 2015. Den internationalen Rat für Denkmalpflege ICOMOS, der im Voraus ein Gutachten anfertigt und eine Empfehlung für die UNESCO-Kommission ausspricht, überzeugte die hochmittelalterliche Burgenlandschaft von Saale und Unstrut nicht. Zwar lassen sich noch überall Spuren des Hochmittelalters finden: Burgen, Dörfer, in denen sich die ursprüngliche Struktur erhalten hat, und nicht zuletzt der Weinanbau, den die Zisterziensermönche kultivierten und deren Kloster, heute als Landesschule genutzt, immer noch steht; doch werden all diese Zeugnisse verunklärt durch die moderne Landwirtschaft, die Ansiedlung neuer Industrien und durch Verkehrswege, die das Gebiet durchkreuzen. Die moderne Infrastruktur steht der Bewahrung einer authentischen hochmittelalterlichen Landschaft teilweise entgegen. Bis jetzt fehlt ein einheitliches Denkmalschutzkonzept. Außerdem gibt es in Deutschland bereits andere, ausgezeichnete Kulturlandschaften, wie das obere Mittelrheintal.
Weltberühmtheit kann vor allem das Skulpturenensemble der zwölf Stifter im Westchor für sich deklarieren. Auch wenn die Naumburger Stifterfiguren vielleicht nicht jedem auf Anhieb etwas sagen, dürfte zumindest eine dieser Figuren durch ihre Disney‘sche Adaption allen bekannt sein. Die Rede ist von niemand anderem als der bösen Königin in Walt Disneys Snow White (1937). Eben jene Comicfigur mit ihrer Krone und dem hoch gestellten Mantelkragen wurde von niemand anderem als der schönen Uta von Ballenstedt (um 1000–1046), Markgräfin von Meißen, inspiriert. Die edlen Gesichtszüge der Uta und die züchtige, vornehme Art, mit der sie ihr Kinn durch den zurückgeschlagenen Mantelkragen halb verborgen hält, machten sie seit den 1920er Jahren zu einer nationalen Ikone. Isoliert von den übrigen Stifterfiguren fand sie durch das Medium der Fotographie weite Verbreitung. Da man so gut wie nichts über die historische Uta weiß, bot ihre Skulptur unendliche Möglichkeiten zur Projektion. Diesen Umstand erkannten auch die Nazis und missbrauchten ihn für Propagandazwecke. Auf die Frage: „Wer ist die schönste im ganzen Land?“, hätten viele Deutsche damals wohl mit „Uta!“ geantwortet. Wer also wäre 1937 besser als Vorbild für Disneys böse Königin geeignet gewesen?
Anders verhält es sich jedoch mit dem Naumburger Dom. In seiner 41. Sitzung Anfang Juli in Krakau erkannte das UNESCO-Welterbekomitee den „außergewöhnlichen universellen Wert des Naumburger Doms“ an. Damit erhält Naumburg die Chance, mit einem erneuten Antrag doch noch in die Liste der UNESCO aufgenommen zu werden. Mit Blick auf seine weltberühmte Skulpturenausstattung ist diese Entscheidung durchaus nachvollziehbar.