Mode als Spiegel der Gesellschaft

Mode ist die Synthese aus Wissen und Ausprobieren. – Vivienne Westwood

From Kyoto with Love: Die japanische Erfolgsausstellung „Dress Code – Das Spiel mit der Mode“ bietet in der Bundeskunsthalle eine visuell fulminante Erfahrung des Zeitphänomens „Mode“.

Thematisch leiten 12 Stationen durch die Ausstellung. Neben einer Vielzahl an partizipativen Möglichkeiten für alle Altersklassen (u.a. ein Fashion Lab und Smart Mirror) ist ein traditioneller Audio-Guide ebenfalls vorhanden. Eine starre Orientierung an den Saaltexten zum Erschließen der Ausstellung ist nicht notwendig. Die Raumarchitektonik präsentiert sich zurückgenommen, auf Farbakzente wird Zugunsten des vielfältigen Kolorits der ausgestellten Mannequins verzichtet. Die Exponate allein füllen die Ausstellungsfläche mit einer angenehmen Farbdynamik.
Das äußere Erscheinungsbild einer Person ist oftmals der erste - wenn auch oberflächliche – Anhaltspunkt, der Aufschlüsse über ein fremdes Gegenüber vermittelt. In offenen Gesellschaften ist es ein selbstgestaltbares Display und Message-Board von persönlichen Werten und Überzeugungen, die jeder/jede unmittelbar beeinflussen kann.

Kleidung und dazugehörige Accessories haben Wucht:
In Corona-Zeiten entwickelte sich in kürzester Zeit die medizinische Gesichtsmaske zu einem gesellschaftlichen und letztendlich zu einem politischen Statement im Diskurs um Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie.
Zeitgenössische und vergangene „Mode“-Trends und Labels haben ihre Wurzeln oft in gesellschaftlichen und sozialen Nischenbereichen - wie das in der Ausstellung präsentierte Beispiel des aus dem Militärbereich stammenden Trenchcoats (engl. trench = Graben) samt Camouflage-Musterung der britischen Edelmarke Burberry zeigt - aus jenen kleinen Aktionsfeldern heraus entwickelten sie sich schließlich zu normkonformen Basics eines (fast) jeden Kleiderschrankes.

Im Ausstellungsverlauf wird ersichtlich, dass „Dress Codes“ bzw. „Mode“ sämtliche Bereiche des Lebens unmittelbar tangiert und steuert. Ökonomisch betrachtet mobilisieren traditionsbehaftete Modehäuser wie Chanel unter der frühen Feministin Coco Chanel und später unter Karl Lagerfeld, Hermes oder aufstrebende Start-Up Designer und Labels Unmengen von Ressourcen um auf jede sich andeutende stilistische und soziale Trendbewegung schnellstmöglich aufspringen zu können (Bsp. #metoo oder fair-trade). Sie balancieren in diesem Vorgehen zwischen rein finanziellen und caritativen Aspekten (Bsp. #metoo) welche mitunter die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen maßgeblich beeinflussen könnten (Anmerkung: Negative Schlagzeilen lieferten bespielsweise die Unternehmen Abercrombie (zum Businessinsider-Artikel, hier) oder New Balance (zum Huffpost-Artikel, hier). In diesem Bereich verschmelzen gewinnorientierte und soziale Grenzen komplett ineinander.
Hans Eijkelbooms Foto-Reihe „Photo-Notes 1992-2019“ zeigt eindrücklich, dass der individuelle Gebrauch von „Mode“ neben einschlägig bekannten Mode-Häusern, Designern (Bsp. Punk-Ikone Vivienne Westwood), Aktivisten, und online-Influencern zuweilen auch von Orten gelenkt wird, welche den beständig fortlaufenden, fundamental menschlichen Drang nach Selbstdarstellung in Form von (Ver-)Kleidung unterbewusst bei einer Vielzahl von uns Menschen steuern.

Fazit: (Ver)-Kleidung geht mit dem Zeitgeist und dieser ist fluide und unberechenbar und wir Alle sind Teil des Ganzen. Ob wir wollen oder nicht.
Dress Code - Das Spiel mit der Mode.
21. Mai bis 12. September 2021 in der Bundeskunsthalle, Bonn.
Die Öffnungszeiten und Ticketpreise entnehmen Sie bitte den offiziellen Seiten der Bundeskunsthalle.

Anmerkung: Eine Ausstellung des National Museum of Modern Art, Kyoto, und des Kyoto Costume Institute in Kooperation mit der Bundeskunsthalle.
Kathrin Engelmann
Kathrin Engelmann
Doktorandin bei Frau Prof. Anne-Marie Bonnet, Universität Bonn.