Besuch der Ausstellung Zeichenwege von Hans Delfosse, dem Träger der August-Macke-Medaille 2016
Am Sonntag, den 8. Mai übergab Ashok Sridharan, Oberbürgermeister der Stadt Bonn, die August-Macke-Medaille 2016 an den in Bonn geborenen Künstler Hans Delfosse (*1950). Mit dieser Ehrung wurde die Ausstellung Zeichenwege im Künstlerforum Bonn mit einer Auswahl seiner Werke medialer und formal-abstrakter Vielfalt eröffnet.
Die August-Macke-Medaille ist eine Auszeichnung der Stadt Bonn, die alle zwei Jahre das Gesamtwerk eines Künstlers der Region ehrt. Seit 2008 wird sie in Zusammenhang mit einer Ausstellung im Künstlerforum Bonn vergeben. Eine Jury – die sich aus dem Intendanten des Kunstmuseum Bonns, dem letzten Preisträger oder einem der bereits ausgezeichneten Künstler sowie dem Vorsitzenden des Kulturausschusses zusammensetzt – entscheidet mit der Verleihung der August-Macke-Medaille darüber, wessen Werk die Ausstellung bespielen wird.
Die diesjährige Präsentation von Hans Delfosse ist als zeichnerisches Zusammenspiel von Malerei, Papierarbeiten, Ritzzeichnungen und Leporellos konzipiert. Seinen Arbeiten sind unzählige Möglichkeiten visueller Landschaften eingeschrieben, die sich allein aus der Linie ergeben. In beeindruckender Vielfalt entsteht ein Spektrum an geometrischen und biomorphen Gebilden erstaunlicher Tiefe. In opake Ölfarbe geritzte Linien, die sich konsequent über den Bildraum ausbreiten und nur rechteckige schwarze Felder belassen, legen Farbe frei, die unter der schwarzen Schicht verborgen war. Bereits hier erhält das Prinzip der Zufälligkeit durch die in Linien freigelegte Farbe visuell Bedeutung. Auch in Delfosses Collagen scheint Zufall formgebend und eingebettet in das ordnende Prinzip des darauffolgenden Ausgestaltens der Fläche anhand von Linien zu sein. Ganz im Sinne einer konstruierten Zufälligkeit Hans Arps, der in Form von Holzreliefs den Anschein von zufällig entstandenen Kompositionen konstruiert, besteht ein spannungsvolles Gleichgewicht zwischen den einzelnen Formelementen, die einem eigenen System folgen. Dieses basiert auf seiner Zeichensprache, an der uns der Künstler teilhaben lässt. Die Collagen entstehen durch Abbildungen seiner Ritzzeichnungen auf Plakaten, die zerrissen und wieder zusammengeklebt werden. So entstehen Kompositionen zarter weißer Linien, die sich zu bewegt biomorphen, vegetabilen oder streng geometrischen Formkompositionen zusammenfügen. Auf kleinen Formaten entsteht eine Tiefe, die in der Klarheit reduzierter Formen – durchzogen vom filigranen Flechtwerk seiner rhythmisierenden Ritzzeichnungen – von beeindruckender Schönheit ist.
Zur Eröffnung der Ausstellung wurde durch Dr. Volker Adolphs, Ausstellungsleiter im Kunstmuseum Bonn, eine enge Verbindung zwischen Delfosses Arbeitsweise in seinem Atelier im Bergischen Land und in seinem Garten hervorgehoben. Nach Adolphs entstehen seine künstlerischen Werke mit der Freude, Ausdauer, Genauigkeit und Kreativität, mit der er sich auch dem Garten widmet: Die Bearbeitung des Bodens sei vergleichbar mit der des Papiers, das in seiner gesamten Fläche mit Linien überzogen wird, wobei übergreifende Formen entstehen können, die als graphische Organismen auf dichtem Nährboden feiner Geflechte sichtbar werden. Dabei erinnern sie an das geordnete System barocker Gartenanlagen.
In den Aquarellen entsteht die Illusion von räumlicher Tiefe, einer begehbaren landschaftlichen Weite, durch dichte, stofflich anmutende Gewebe aus farbigen Linien. Sich zeichnerisch überlappende Parallelen aus changierenden Grüntönen erzeugen einen mit Perlmutt und den Schuppen einer Eidechse im Sommer vergleichbaren fluoreszierenden, flirrenden Effekt. Die transparente Farbe verleiht der Linie Leichtigkeit. In den Vitrinen im unteren Ausstellungsraum des Künstlerforum Bonns entfalten sich Leporellos als tragende Medien von sich kreuzenden Zeichenwegen, die horizontal in lebendig variierender Länge wachsen. Sie verdeutlichen den kontinuierlichen Aspekt der bewegten Linie über die Grenzen eines einzelnen Formates hinaus. Die Möglichkeiten der reduzierten Linie und der daraus entstehenden Formkompositionen sind unendlich, jede einzelne einzigartig und doch Teil eines größeren Ganzen. Die unterschiedlich entstehenden Zeichenwege in den Arbeiten von Hans Delfosse – in Malerei, Ritzzeichnung, Collage oder Leporello – führen visuell durch zeichnerische Landschaften, denen zu folgen es sich immer wieder aufs Neue lohnt.