Dies suggeriert bereits der Einführungstext der aktuellen Ausstellung
Geschlechterkampf – Franz Stuck bis Frida Kahlo des Frankfurter Städel Museums. Schon beim Betreten des Treppenhauses, das zum zweistöckigen Ausstellungsbereich führt, wird man mit zahlreichen, aktuelle Zeitungs- oder Zeitschriftenzitaten konfrontiert. Geschlechtliche Identität, Rollenbilder und Gender-Pluralismus – alles Diskursgegenstände unserer Zeit. Mit dieser thematischen Einstimmung wird der Besucher in die eigentliche Ausstellung entlassen. Was heutzutage die gesellschaftliche Debatte bestimmt, wäre vor einem Jahrhundert wohl noch unvorstellbar gewesen. Vor hundert Jahren ging es in Deutschland um Fragen wie: „Dürfen Frauen zur Wahl gehen?“ oder „Haben Männer und Frauen überhaupt die gleichen intellektuellen Fähigkeiten?“. Die Forderung nach Gleichberechtigung oder zumindest nach mehr Rechten für die Frau wurde gerade erst laut. Heute erscheint es uns dagegen normal, dass ein Staat von einer Frau angeführt wird, dass Frauen Schlüsselpositionen unserer Gesellschaft einnehmen. Viele der Selbstverständlichkeiten von heute wären damals undenkbar gewesen. Wie aktuell ist also die Ausstellung?
Frauen, die für mehr Rechte einstanden, wurden im Laufe des 19. Jahrhundert durch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, allen voran der Darwin’schen Evolutionstheorie, bestätigt. Auf der anderen Seite formierte sich allerdings auch ein starker Widerstand, der in pseudowissenschaftlichen, verleumderischen Schriften gegen Frauen mündete. Am Ende des 19. Jahrhunderts rückte die Thematik der starken Frau, der Verführerin des Mannes, der verderbenbringenden Femme fatale, in den Mittelpunkt des künstlerischen Interesses. Wie ein roter Faden zieht sich dieses männerdominierte Frauenbild durch die bürgerliche Kunst. Einen der berühmtesten Exponenten dieser Zeit bildet die Oper
Salome (1891) von Richard Strauss nach dem gleichnamigen Drama von Oscar Wilde. Salome agiert als triebgesteuertes, emotionales Wesen. Die Enthauptung des Johannes wird zu einem persönlichen Racheakt umgedeutet, weil dieser auf ihre körperlichen Annäherungsversuche nicht eingehen wollte. Die triebhafte Liebe der Frau wird der gottesbezogenen Liebe des Johannes in der direkten Konfrontation gegenübergestellt.