Ist alles hier Erotik?
Es überrascht nicht, dass das Auge bei
A Sexual Odyssey zuerst die sinnlichen Komponenten wahrnimmt und wohl auch nicht, dass die Alltagsszenen mit der abgebildeten Nacktheit als erotisch wahrgenommen werden. Wir halten uns an den expliziten Szenen auf, die Erinnerungen an den Akt und die zarten, erschöpften Momente danach evozieren. Hier muss der eigene Blick jedoch geschult werden: Das Werk befasst sich mit mehr als sexuellen Handlungen und weist eine inhaltliche Komplexität auf. Roger-Lacan beschreibt es auf ihrem Instagram-Kanal als spielerisches Tagebuch, das eine fröhliche Fantasie zelebriere, während es die Freiheit und Sexualität der Frau repräsentiere.
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Die Arbeit sei dennoch nicht autobiografisch gemeint. Sie nutze zwar ihre Erfahrungen, interessiere sich aber für den menschlichen Geist an sich und das, was er in seiner Odyssey durchlebt. Gleichzeitig verhandelt sie Zustände, die sie nicht versteht: Verlangen, soziale Interaktionen, Tod und die Macht der Imagination. Die Idee zum Werk entstand bereits Anfang des Jahres mit einer ‚Landkarte‘, die sie zur Auseinandersetzung mit ihren Gedanken und Gefühlen anfertigte „[…] to release an energy“.
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Die Auswahl aus den vielen kleinen Arbeiten stellen Fragmente des intimen Lebens dar, darunter Sehnsüchte, ausgelebte Freiheiten und Gedanken an Beziehungen. Diese kombinieren sich mit Szenen des Todes, die im ersten Moment mit dem Wortspiel „la petite mort“ assoziiert werden. Stattdessen bilden sie die existenzielle Angst vor dem Tod und der Leere ab, die die Künstlerin mit dem Zeigen lebenserfüllender Motivik durchbricht. Die Blickrichtung von
A Sexual Odyssey zieht sich zur Bildmitte als Ankerpunkt zusammen, die von dem Werktitel und einem großen Herz aus Linien gekrönt wird. Mittig davon ein Porträt, dessen Mund einen Phallus umspielt. Zwischen den Linien finden sich Worte und Sätze – davon beschreiben „sweet memories“ und „movies in my mind“ die Flucht von diesen Ängsten durch die Gedankenwelt – ein Element, das sich durch ihre Arbeiten zieht. Den Begriff der Erotik zur Beschreibung ihrer Werke lehnt Roger-Lacan nicht völlig ab, beschreibt diese jedoch eher als sinnlich-befreiend. Sie ziele nicht per se auf den sexuellen Akt ab, sondern auf die Bedeutung der Libido, unter der sie Gefühle des Begehrens, der Leidenschaft und der Impulsivität verstehe.
5 Dabei beschäftigen sie nachhaltig die Gründe und Reize, die uns lebendig fühlen lassen. Dessen Überlegungen stellt sie durch Farben, Fantasien über den eigenen und fremden Körper sowie popkulturelle Alltagsobjekte dar - ein Zusammenspiel zwischen Erinnerungen und Erfahrungen, die dieses Gefühl hervorbringen können.