Erfahrungsbericht: Morgan O’Hara Handwriting The Constitution/Performance mit Julie Andrée T.

Am 24.07. lud die US-Amerikanische Künstlerin Morgan O’Hara in Köln Mülheim zu Handwriting The Constitution ein. Sie berichtete, dass die Aktion bereits über 150 Mal in den unterschiedlichsten Ländern durchgeführt worden sei und der Fokus auf die Menschenrechte gelegt werden solle. Auf die Aktion folgte eine Performance von Julie Andrée T. und Morgan O’Hara im Kulturbunker, die von The International Performance Art Archive BLACK KIT | DIE SCHWARZE LADE initiiert wurde.
BLACK KIT lädt unter dem Titel OPEN THE DOOR A WINDOW verschiedene Kunstschaffende in einer Performance-Reihe ein, die erstmalig miteinander arbeiten.
Ein langer Tisch stand auf dem überdachten Platz am Kulturbunker in Köln Mülheim, an dem bereits einige Menschen zusammenkamen. Über der Konstruktion wurde ein Banner mit der Aufschrift „Handwriting The Constitution“ gespannt. Die Grundrechte per Hand schreiben war die Aufgabe, was gemeinschaftlich in stiller Reflexion erfolgen sollte. Schon bei der Wahl der verschiedenen Papierbogen und Schriftfarben erkannte man, dass man an einer künstlerischen Praxis teilnahm. Die Grundgesetze lagen in Form von Büchern und Kopien in unterschiedlichen Sprachen aus. Die Stelle, die man niederschreiben wollte, war dabei frei wählbar und individuell gestaltbar. Ca. eine Stunde konzentrierten sich die Teilnehmenden auf das Geschriebene und die eigene Art der Wiedergabe, während man sich vollkommen auf die Aktion einließ und hin und wieder einen Blick mit den anderen Besuchenden tauschte.
Bei der Wahl der Passagen der Teilnehmenden fiel auf, dass der moderne demokratische Staat thematisiert wurde; wie auch dessen Diskrepanz. Gesetze, die nicht immer greifen, nicht immer umsetzbar sind oder nicht eingehalten werden, besonders von der Exekutive.
Das eigene Werk konnte anschließend zu Ausstellungszwecken mitgegeben oder behalten werden, damit andere, wie auch man selbst weiter reflektieren konnte, um aufmerksam und sensibel für das Thema zu bleiben.
Auf die Aktion folgte schließlich die Performance von Morgan O’Hara und der kanadischen Künstlerin Julie Andrée T.
Verschiedene Gegenstände wie Farbeimer, Pflanzen, Möbelstücke und Utensilien wie rote und weiße Farbe nebst Papier und Stifte befanden sich auf der Performancefläche, während Morgan O’Hara vor einer Leinwand saß und die Bewegungen von Andrée T. mit Zeichenstiften als Live-Transmission wiedergab. Live-Transmission ist ein performatives Zeichnen, das eine Verbindung zu dem Gesehenen bedingt, eine genaue Beobachtung voraussetzt und großer Bestandteil Morgan O’Haras Kunstschaffens ist.

An der Wand des Kulturbunkers wurden Passagen aus dem Grundgesetz niedergeschrieben und an einem Tisch inmitten der Fläche schrieb und malte Andrée T.s Tochter auf Kopien des Gesetzes, die sie an die Besuchenden verteilte. Die Performance bestand aus vielen Elementen, die für sich alleinstanden oder aufeinander aufbauten. Julie Andrée T. begann damit, ihre Hände in die rote und weiße Farbe einzutauchen und die Wand mit langsamen und bedachten Bewegungen zu übermalen. Die Farbe assoziierte dabei Schuld und Unschuld oder Gewalt und Frieden, während es das Geschriebene überdeckte. Des Weiteren legte sich die Künstlerin auf den Boden und zog mit einer Schnur einen Stapel roter Blätter zu sich heran, die ihren Körper langsam bedeckten. Dabei wurden hinsichtlich der Kunstaktion von Morgan O’Hara, unweigerlich Gesetze in das Gedächtnis gerufen, die die menschliche Würde nicht bedingungslos schützen. Im Hinblick auf den derzeitigen Krieg in Europa wurde zudem ein besonderes Bewusstsein geschaffen.
Nach anderen Performanceelementen, in denen Andrée T. beispielsweise das Menschsein von bereits verstorbenen Bekannten verarbeitete, band die Künstlerin ein langes Seil an einen Tisch, das an der Decke festgebunden war. Sie zog ihn mit Mühe an die Wand, konnte ihn jedoch nicht allein in die Höhe heben, was ihr mit Hilfe der Besuchenden schließlich gelang. Dadurch wurde der Gemeinschaftssinn von Handwriting The Constitution auch am Ende wieder aufgegriffen.
Im anschließenden Gespräch erklärte Julie Andrée T., dass die Performance von den Besuchenden selbst zu interpretieren sei und jeder und jede eine eigene Art und Weise habe, das Gesehene zu verstehen.
Bei Interesse an der Auslegung der Kunstaktion Handwriting The Constitution, freut sich die Künstlerin Morgan O’Hara kontaktiert zu werden. Sie wünscht sich eine weitere Verbreitung der Aktion und ein erweitertes Bewusstsein für die allgemeinen Grundrechte.