Claudia Robles-Angel – Kunst und Wissenschaft.

Kunst und Wissenschaft. Das Geräusch eines startenden Agrarfahrzeuges eröffnet den Blick auf ein Feld violetter, nicht irdischer wirkender Pflanzen mit Windrädern. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass es sich um ein Maisfeld in invertiertem Farbschema handelt. Die Besucher:innen werden durch hypnotisierende, elektronische Klänge in die Tiefen des Feldes gezogen. Man befindet sich auf einer Reise durch das Feld – einhergehend mit elektronischen Klängen, die in leichten Übergängen mit Naturgeräuschen gemischt werden. Immer wieder taucht das Motiv von menschengemachter Technik in Form von Windrädern und Mähdreschern auf, welche mit der Natur auf unterschiedliche Arten interagieren. Nach der Erkundung des Feldes endet die Komposition mit einer unvermeidbaren Rückkehr in die Realität.

DE L’AUTRE CÔTÉ, (dt.: Von der anderen Seite), heißt die letzte audio-visuelle Komposition (2021) der Medienkünstlerin und Komponistin Claudia Robles-Angel, die in ihrem Atelier im Bonner Atelierhaus zu sehen ist. Die gebürtige Kolumbianerin nahm Video- und Audioaufnahmen für diese Arbeit an verschiedenen Orten in Nordrhein-Westfalen im letzten Jahr auf und bearbeitete sie anschließend mit Filtern. Durch ein Surround-Soundsystem konstruiert Robles-Angel in ihrem Atelier den Eindruck einer umhüllenden Musiksphäre. Auffällig wird hier, dass weder die Audiospur noch die Videospur die andere lediglich ‚begleitet‘. Sie sind stattdessen als gleichwertig anzusehen, eine Art audiovisueller Kontrapunkt, der eine Symbiose bildet, die ohneeinander nicht wirkt.
Die Beziehung und der Dialog von Technik mit der Natur ist Thema vieler Arbeiten der Künstlerin. In Performances und Installationen setzt Robles-Angel diese visuell und klanglich um. Die Reaktionen und Vorgänge im menschlichen Körper untersucht sie anhand von Bio Medical Signals, die mit verschiedenen hochtechnischen Interfaces gemessen werden. In ihrer Arbeit WEB-MINDSCAPE ließ sie Lichtbahnen und Klangwellen mithilfe von neuronalen Aktivitäten zucken und flackern. Gemessen wurden diese Ströme mit einem BCI (Brain Computer Interface) und durch eine Anwendung, die das Musikwissenschaftliche Institut der Universität zu Köln entwickelte, ließen sich diese Biodaten in audio-, sowie visuelle Impulse umwandeln. In vorrausgegangenen Projekten interagierte sie mit aufgezeichneten Werten, die sie aus der Anspannung von Muskeln oder der messbaren Feuchtigkeit der Haut gewann. Bei ihr vereinen sich Kunst und Wissenschaft. Sie stellt den menschlichen Körper als audio-visuelles Instrument in den Mittelpunkt. Dabei geht es vor allem um die intime Wahrnehmung des Körpers. Die gemessenen physiologischen Parameter sind Emotionen, die sie technisch übersetzt und so darstellen kann. Robles-Angel gefällt die Frage, wie man diese via audiovisuellen Medien sichtbar bzw. hörbar machen kann. Mit der neurologischen Methode des Biofeedbacks, also die Wahrnehmung und Kontrolle der unbewusst ablaufenden Prozesse im eigenen Körper wie Blutdruck, Hirnströme und Schweißdrüsenaktivität, steuert Robles-Angels sowohl ihre Performances als auch ihre Installationen. Emotionen und der Gemütszustand sind jedoch nicht immer gänzlich kontrollierbar. Stress oder Ruhe machen jede Performance bzw. Installation zu einer einzigartigen, performativen Darstellung.
„Alles ist ein Prozess.“ So beschriebt Robles-Angel ihren Weg als „Audiovisual and New-Media Artist“. Denn nach einem Bildende Kunst Studium (Bachelor u. Master) in Bogotá in ihrer Heimat Kolumbien kam sie nach Europa, um Animation in Mailand zu studieren. In Genf absolvierte sie ihren Master in Visueller Kunst. Mit dem bewegten Bild kam für sie der Klang als fundamentales Element hinzu. Nach einem Studium der Elektronischen Komposition und Klangkunst am ICEM der Folkwang Universität in Essen setzt sich Robles-Angel experimentell mit Klang und Musik auseinander. Dort erlernte sie auch das Programmieren, weshalb sie die Programme und Algorithmen für ihre Projekte selbst schreiben kann. Lediglich bei der technischen Umsetzung und Bau von elektronischen Teilen (wie z.B. von Pulssensoren) hilft ihr der Kölner Lehrbeauftrage Andreas Gernemann-Paulsen. Ihre biomedizinischen Experimente befinden sich im stetigen Wandel. Die Arbeiten selbst sind Inspiration für die Zukünftigen – so plant sie bei ihrem nächsten Projekt die Auseinandersetzung mit emotionaler KI (Künstliche Intelligenz) in interaktiven Performances und Installationen.
Kontakt:
Claudia Robles-Angel
post@claudearobles.de
www.claudearobles.de