Der Name Egon Schiele (1890–1918) steht in enger Verbindung zu Begriffen wie Pädophilie, Kinderschändung oder einer zwielichtigen Künstlerpersönlichkeit. Worauf diese Assoziationen gründen, ist niemandem richtig bewusst. Bei der Betrachtung seiner weiblichen Akte mit verkrampften Posen, gespreizten Beinen und rötlich hervorgehobenen erogenen Zonen entsteht allerdings große Beklemmung. Seine Modelle scheinen jung gewesen zu sein – zu jung für unser Empfinden. Bei genauerer Auseinandersetzung mit Schieles Leben wendet sich jedoch die Wahrnehmung. Zwar stand er tatsächlich wegen des Verdachtes des Verbrechens der Schändung vor Gericht, wurde aber freigesprochen. Was bleibt, ist eine nachträglich inszenierte Geschichtskonstruktion des Kunstkritikers und Schiele Gönners Arthur Roessler. Mit Skandalen lässt sich bekanntlich besser Geld verdienen.
An dieser Stelle setzt der Film
Egon Schiele – Tod und Mädchen ein. Es wirkt geradezu, als wäre es ein Versuch, den dubiosen Ruf des Künstlers zu bereinigen. Im Fokus steht weder der Eklat um seine Verhaftung noch seine Rebellion gegen den als verklärend empfundenen Jugendstil, sondern der Mensch Schiele. Vielleicht sieht aus diesem Grund der Schauspieler Noah Saavendra aus wie ein Vorzeige-Schwiegersohn. Unerwartet gefühlvoll werden die Beziehungen zu seinen engsten Vertrauten geschildert. Erscheinungen seines toten Vaters lassen ihn schmerzvoll daran erinnern, dass er nun das Oberhaupt der Familie ist und Verantwortung für seine vier Jahre jüngere Schwester Gerti übernehmen muss. Sie steht ihm Modell, er zeichnet sie nackt, um Geld zu verdienen. Sie ist fasziniert von seiner Kunst und schenkt ihm Bewunderung. Als sich eine Beziehung zwischen ihm und dem Modell Mao anbahnt, reagiert sie äußerst eifersüchtig. Ausdruck des engen Verhältnisses zwischen den Geschwistern ist eine Waldszene, in der Gerti ihm gesteht, dass sie schwanger sei. Schiele weist sie in väterlicher Zuneigung zurecht.
Mao wird im Film als der Inbegriff des Spaßes inszeniert. Schiele lernt die junge Frau im „Lebende-Bilder-Theater“ in Wien kennen, als er beschließt, mit den Malern Gustav Klimt und Oskar Kokoschka die Gruppe „Neue Künstler“ zu gründen. Er nimmt sie zusammen mit seinen Freunden und Gerti mit nach Krumau, dem Geburtsort seiner Mutter. Er malt sie, sie ahmt Körperhaltungen von Fotografien geistig erkrankter Menschen nach und fördert so seinen künstlerischen Stil. Sowohl die Musik als auch die kurz hintereinander gestaffelten Szenen lassen Krumau als Sehnsuchtsort unbefangener Zeiten erscheinen.