Zur einführenden Auftaktveranstaltung der
photography talks mit der an der FH Bielefeld Fotografie lehrenden Künstlerin Katharina Bosse, die auch durch ihre kommerzielle Arbeit für Printmedien wie
The New Yorker,
Cosmopolitan oder
Der Spiegel bekannt geworden ist, gab Inke Maria Hahnen (Universität Bonn) am 13. April 2016 im Kunstmuseum Bonn eine konzentrierte Einführung in Bosses Serie
A Portait of the Artist as a Young Mother. Daran anschließend referierte Philipp Scheid (Universität Bonn) über das Verhältnis von Raum und Figur in einigen Arbeiten der Künstlerin und Dr. Stefan Gronert formulierte in seinem Vortrag Fragen zum Stellenwert von Weiblichkeit sowie möglichen feministischen Tendenzen im Werk Bosses. Michael Stockhausen (Universität Bonn) schloss die Runde mit einer kritischen Reflexion zur Inkonsistenz zwischen dem seitens der Künstlerin und bisherigen Autoren formulierten Konzept wie Interpretationen und den Fotografien selbst.
In der folgenden Woche, am 20. April 2016, sprach Katharina Bosse mit und vor einem interessierten Publikum über ihre Arbeiten im Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn. Das Gespräch wurde von Prof. Dr. Anne-Marie Bonnet moderiert. Im Mittelpunkt des anderthalbstündigen Dialogs stand die 18 Bilder umfassende fotografische Serie
A Portrait of the Artist as a Young Mother, die Bosse als nicht-chronologische Reflexion über ihren eigenen physischen und psychischen Wandel vor, während und nach ihren beiden Schwangerschaften versteht. Vier Arbeiten dieser durchaus persönlichen Reihe wurden in der Porträtausstellung im Bonner Kunstmuseums gezeigt.
Die wichtigste Konstante der zwischen 2004 und 2009 entstandenen Serie bildet Bosse selbst: In unterschiedlichen Inszenierungen – mitunter kostümiert, weitestgehend aber unbekleidet oder in Reizwäsche gehüllt – posiert die Künstlerin in unterschiedlichen Landschaften. Einige der Aufnahmen zeigen Bosse hochschwanger, viele mit ihren beiden Kindern. Die Titel der einzelnen Fotografien werden stets von der Landschaft der jeweiligen Inszenierung bestimmt, die von nebeligen Waldhügeln bis zu landwirtschaftlich genutzten Feldern reichen. Im Gespräch wurden diese in einen Vergleich zur deutschen Landschaftsmalerei – von der Renaissance bis zur Romantik – gestellt und der eigentümliche Deutschlandbezug der Arbeiten in den Blick genommen. Der natürlich-ursprunghafte Bildhintergrund trifft auf die bewusst provozierenden Selbstinszenierungen als Mutter, was für deutlich mehr Diskussionsstoff sorgte: In
Schnee, 2008, sieht man beispielsweise die blondierte Künstlerin in Fellstiefeln und Pelzjäckchen, ihre Brüste und Scham sind entblößt, in der Linken hält sie eine in weißen Stoff gewickelte Andeutung eine Babys, zu ihrer Rechten steht eine entkorkte Sektflasche. Als Hexe aus dem Schwarzwald mit furchterregend düsterer Maske blickt Bosse in
Berge, 2007 ihr unschuldig aus dem Bild schauendes Kind an. Der leuchtend rote Umhang hebt sich bedrohlich von der grünen Wiese und der nebelverhangenen Berglandschaft ab.