Ein überaus eminentes Dogma der Kunstwelt ist ihre Internationalität. Die diesjährige Documenta Fifteen in Kassel, welche von der indonesischen Künstlergruppe Ruangrupa kuratiert wurde, verstand sich als eine global ausgerichtete Kunst- und Kulturplattform. In der 59. Biennale in Venedig waren Pavillons aus 80 Nationen vorzufinden. Zum ersten Mal sogar Länder wie Kamerun oder Uganda. Für Kunstmessen gilt dies im Besonderen. Die Art Basel in Hong Kong, die TEFAF in New York und die FIAC in Paris akkumulieren regelmäßig Kunstsammler: innen internationalen Formates. Jedoch ist die älteste unter Ihnen die Art Cologne, welche dieses Jahr vom 16.-20. November stattfand. Sowohl für Galerien als auch Institutionen stellt dieses Event innerhalb Deutschlands den wichtigsten Branchentreffpunkt dar. Doch welche Eindrücke bleiben übrig?
Sculpture Cologne, David Nash, Balance Column, 2021, Galerie Lelong, Halle 11.1 Foto: Koelnmesse/ART COLOGNE
Die Galerie LeLong& Co. aus Paris stellte dieses Jahr direkt zu Beginn der Halle 11.1 die Arbeit Balance Column (2021) des südenglischen Künstlers David Nash (*1945) aus. Die ca. 3m große Skulptur aus Cortenstahl verkörpert Nash‘ s beständigen und überaus tiefgründigen Dialog mit der Natur. Dabei konnten Lelong& Co. schon am Vernissage Abend für eine Bronze von Markus Lüpertz 65.000 € akquirieren sowie ein Gemälde von Konrad Klapheck und Zeichnungen von David Nash verkaufen. Galerie Sofie van de Velde aus Antwerpen hatte unter anderem den Künstler Willy de Sauter (*1938) im Fokus. Das bemerkenswerte an den Arbeiten des belgischen Künstlers ist zum einen die Treue zu traditionellen, künstlerischen Gesten und zum anderen die Präzision, die den Kunstwerken innewohnt. Beispielsweise sind die Abstände der Platten in Untitled (2018) genau durchkalkuliert. Ronmandos aus Amsterdam hatte mit Isaac Julien’s A Marvellous Entanglement- Fadaka I (Lina Bo Bardi- A Marvellous Entanglement) (2019) einen Ballpunkt kreativer Kollaborationen vorzuweisen. Julien (*1960) zeigt in seinem Werk die Wandöffnung in Lina Bo Bardi’s Teatro Gregório de Matos in Salvador de Bahía in Brasilien. Die Eleni Koroneou Gallery aus Athen hatte unter anderem Gerasimos Fluratos Untitled (2021) sowie Helmut Middendorfs Die Großstadteingeborenen (1982) ausgestellt. Pearl Lam Galleries aus Hong Kong hingegen zeigte Arbeiten der Fotografin Zanele Muholi (*1972), darunter Labo II (2019). Die nicht- binäre Künstlerin aus Südafrika thematisiert in ihren Arbeiten Sujets wie Arbeit, Rassismus, Eurozentrismus sowie Sexualpolitik.
Stand: Jarmuschek + Partner, Halle: 11.1 Foto: Koelnmesse/ ART COLOGNE
Doch was ist mit den deutschen Galerien? Zunächst sei hier Eigen+Art (Berlin/ Leipzig) erwähnt. Gefragt waren Holzskulpturen von Maja Behrmann (1.200€ - 9.000 €) und auch Werke von David Schnell, Tim Eitel sowie Titus Schade wurden dieses Jahr verkauft. Der Besitzer Gerd Harry Lybke gilt als Koryphäe auf dem deutschen Kunstmarkt. Jarmuschek & Partner stellte vorrangig Arbeiten des indonesischen Künstlers Faisal Habibi (*1984) aus. Habibi setzt sich in seinen Werken wie beispielsweise This Thing 50 (2021) mit Themen wie Raum sowie Materialität auseinander und baut vorrangig Pastellfarben in seine Plastiken ein. Eine Formensprache, welche, nach Jarmuschek, einen Seltenheitswert innerhalb Europas genießt.
Hallendurchblick, Halle 11.2 Foto: Koelnmesse/ART COLOGNE
Vom Nationalen über zum Regionalen sind es vor allem die jeweiligen Kunstvereine vor Ort, welche zeitgenössische Kunst an ein kunstinteressiertes Publikum sowie Ihre Mitglieder vermitteln. Dabei tun Sie jedoch viel mehr als das. Kunstvereine räumen experimentellen, künstlerischen Positionen Ihren Raum ein. Sie fördern den Aufbau interdisziplinärer Netzwerke. Nicht zuletzt ist es auch die kulturpolitische Arbeit, welche die insgesamt 301 Kunstvereine in Deutschland auszeichnet. Jedes Jahr werden 24 von Ihnen nominiert, um diese besondere und menschennahe Arbeit mit dem ADKV- Art Cologne Preis auszuzeichnen. Dieses Jahr wurde der Preis erstmals seit der Corona Pandemie vergeben und war mit 8.000 € dotiert. Dabei ging der Preis an den Bonner Kunstverein, welcher seine Mitgliederzahl seit dreißig Jahren auf über 1.000 erhöhen konnte. Die Direktorin Fatima Hellberg hat sich hierbei gemeinsam mit dem Team sowie dem Vorstand mit dem Selbstverständnis des Bonner Kunstvereins als Gastgeber auseinandergesetzt. Dabei ist insbesondere im Fokus gewesen, wie die Emotionen Wärme, Ungezwungenheit sowie Inklusivität, welche für solch eine Institution charakteristisch sind, noch besser transportiert und insbesondere in den jeweiligen Veranstaltungen stärker erzeugt werden können. Was jedoch macht die Ausstellungen des Preisgewinners so besonders? The Holding Environment beispielsweise erörterte Fragestellungen zu Institutionskritik sowie Fürsorge. Selbstreflektiv und Spartenübergreifend. Und die Retrospektive des philippinischen Künstlers David Medalla wurde von der AICA als „Besondere Ausstellung des Jahres 2021“ gekürt. Die Austellungstätigkeiten werden vollständig durch Drittmittel finanziert. Neben dieser Auszeichnung erhielt die Kunstpublizistin sowie Kunstwissenschaftlerin Magdalena Kröner den mit 5.000 € dotierten ADKV-Preis für Kunstkritik. Zusätzlich zu ihren pointierten Kritiken integriert Kröner auch internationale Perspektiven in ihre Arbeit hinein und schafft es hierbei mit einem individuellen Stil ihre eigene Position zu konstruieren und Themen wie Technologie, Kunst sowie Körperlichkeit zu evaluieren.
Insgesamt 190 Galerien aus 26 Ländern präsentierten auf der diesjährigen Art Cologne eine Mixtur aus zeitgenössischen und klassischen künstlerischen Positionen und konnten so rund 43.000 Besucher an den Messeplatz 1 führen. „Die ART COLOGNE im November hat ihre eigene Strahlkraft. Abgesehen davon, dass sich der Termin in die weltweiten Kunstmessekalender gut einfügt, ist es schön, wieder an die ursprüngliche Novembertradition anknüpfen zu können.“ so Art Cologne Director Daniel Hug.