Auf fast 230 Seiten, die in thematische Kapitel wie
Dankbarkeit,
Erziehung oder
Lug und Trug gegliedert sind, zeichnet Wohlleben anhand von Medienberichten über kurioses Tierverhalten, wissenschaftlichen Untersuchungen und eigenen Beobachtungen aus seiner langjährigen Arbeit als Förster und Tierhalter ein faszinierendes Bild des differenzierten Empfindens unterschiedlicher Tierarten. Neben zahlreichen amüsanten Darstellungen tierischer Verhaltensweisen fragt Wohlleben, ob die Annahme, dass der Mensch eine Seele als Form immateriellen Seins besitzt, nicht notwendigerweise auch für die Tiere gelten müsse. Denn davon auszugehen, ein Seelenleben wäre allein dem Menschen vorbehalten, käme der Vorstellung gleich, der Mensch hätte zu einem bestimmten Zeitpunkt des Evolutionsprozesses das Tier als empfindsamen Vorgänger abgehängt und sei von da an das einzig beseelte Lebewesen. Ebenso wie der weit verbreitete Glaube, jedes Tier habe eine spezielle Funktion innerhalb des Ökosystems, geht auch diese Vorstellung laut Wohlleben nur in einem Weltbild auf, das den Mensch automatisch als dessen Zentrum versteht.
Da der Mensch letztendlich doch auch nur ein Tier sei, ist Wohllebens Methode, das tierische Seelenleben vorzugsweise in Analogien zum menschlichen Empfinden aufzuzeigen, nachvollziehbar. Die enge Verwandtschaft zwischen Mensch und Tier wird auch in Studienergebnissen deutlich, die Wohlleben anführt. So konnten amerikanische Forscher der Penn State University of Oxford beweisen, dass Nadelstiche im Maulbereich von Fischen Reaktionen im dem Bereich des Hirns der Fische auslösten, in dem auch Menschen Schmerzreize verarbeiten. Damit scheint das Schmerzempfinden der Fische bewiesen. Mit derartigen Beispielen macht Wohlleben deutlich, dass oft quälende Experimente durchgeführt werden, um das Empfinden der Tiere zu erforschen. Die Tiere müssen dem Mensch ihr Leid erst beweisen. Der Autor schlägt daher vor, Tieren ihre Leidensfähigkeit nicht bis zum Gegenbeweis abzusprechen, sondern umgekehrt von einem differenzierten Empfinden auszugehen.